«Das Fest ist endlich da!», eröffnet Thomas Schaufelberger den Jubiläumsanlass 160 Jahre Konkordat vom 9. September 2022 im Stapferhaus Lenzburg. Coronabedingt wurde der Anlass von 2020 auf 2022 verschoben. Rund 120 Pfarrerinnen und Pfarrer, kirchliche Mitarbeitende und Begleitpersonen kamen und feierten 160 Jahre Konkordat der reformierten Pfarrausbildung und das neue Gesamtcurriculum der Pfarrausbildung, welchem ein 10-jähriger Prozess vorausging.

Zum Auftakt

Konkordatspräsident Michel Müller gibt in seiner Eröffnungsrede einen Überblick über die Geschichte des Konkordats, das 1862 vom Bundesrat genehmigt wurde. Und er blickt in die Gegenwart und Zukunft: «Heute sind die Reformierten schweizweit in der Minderheit, auch im Kanton Bern. Nun geht es darum, gemeinsam Lösungen zu finden, zusammenzuspannen, wie das in der Nachwuchsförderung bereits gemacht wird. Ich wünsche mir kein 175-Jahre Jubiläum, sondern andere, bessere Lösungen für das Konkordat».

Catherine Berger, Vizepräsidentin des Aargauer Kirchenrats, gratulierte in ihrem Grusswort zum Jubiläum «160 Jahre Konkordat betreffend die gemeinsame Ausbildung der evangelisch-reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer und ihre Zulassung zum Kirchendienst.» - die Bezeichnung sei staubtrocken, kommentierte sie mit einem Zwinkern. Das Konkordat habe aber die Zeichen der Zeit erkannt und gestaltet den Pfarrberuf entsprechend. Als Kirchenrätin stelle auch sie sich viele Fragen zur Zukunft der Kirche. «Sie wird weiter schrumpfen», sagt sie, bleibt dabei aber zuversichtlich mit der Aussage: «Lasst uns mit Freude schrumpfen».

Am anschliessenden Podium erzählten Pfarrerin Nadja Papis, Pfarrer Stefan Mayer und Theologin und Personalerin Eva Häuselmann, wie sie die Mitarbeit am neuen Gesamtcurriculum erlebt haben. Für alle war es ein intensiver Prozess und eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Pfarrberuf und dessen Kompetenzen. Für die Zukunft zur Ausbildung stellen sie sich Fragen wie: «Bilden wir weiterhin Generalist:innen aus?». «Soll bereits in der Ausbildung eine Spezialisierung möglich sein?» «Was steigert die Attraktivität des Berufs?».

 

Dazwischen

Zwischen den Rede-Blöcken gab es viel Raum für Vernetzung und Gespräche. An inspirierenden Kurz-Workshops konnten die Gäste an vier Stationen auf spielerische Entdeckungsreise gehen:

  1. Playful Thinking: mit spielerischen Mitteln einen anderen, zukunftsgerichteten Blick auf die Kirche werfen. mit Innovator Lukas Stadelmann
  2. Visual Thinking: neue Bilder braucht die Kirche! Wie und wo sie zu finden sind. mit Comic-Zeichnerin Kati Rickenbach
  3. Physical Thinking: Einsatzmomente, Bibelzitate im körperlichen Spiel erforschen.
    mit Schauspielerin Hanna Eichel
  4. Virtual Reality-Erlebnis: «ZwingliVR: - Bei deinem Termin mit Huldrych» ist der digital zum Leben erweckte Reformator zwar Gastgeber, was er den Besucher:innen aber zeigen will, ist nicht die historisch akkurate Einrichtung seiner Privaträume, sondern die Folgen der Reformation für unsere Gesellschaft. mit Jonas Christen und Stafanie Grubenmann

Kuratiert wurde der interaktive Raum von Barbara Weber. 

 

In der Mitte

Das Jubiläumsfest war zugleich auch Vernissage des Buches «Vom Staatsbeamten zur Teampfarrerin -Schweizer Konkordatskirchen 1862–2022». Darin wird die Gründung und die Geschichte des Konkordats zur gemeinsamen Pfarrausbildung aufgearbeitet. Zudem spekulieren im Buch prominente Autor:innen über die Zukunft des Pfarrberufs und damit der Kirche. In einem Interview hat sich Thomas Schaufelberger mit der Co-Autorin Sarah Sommer über ihre Recherchen und daraus resultierenden, teils überraschenden, Erkenntnissen ausausgetauscht. Auch mit ihr gab es einen Blick in die Zukunft des Pfarrberufs: Für Sarah Sommer stehen die Fragen: «Wer sind wir?» und «Warum mache ich es?» im Mittelpunkt. Und sie ist überzeugt: «Wir müssen uns auf unseren Kern besinnen».

Ein weiterer Höhepunkt des Jubiläums war die Rede von Jacqueline Fehr, Regierungsrätin und Religionsministerin. Sie reflektiert fundiert die Bedeutung des reformierten Pfarrberufs in der heutigen Gesellschaft - aus Perspektive des Staates. Sie beleuchtete das Verhältnis zur Gesamtgesellschaft. Ist die Pfarrer:in eigentlich nur für die aktiven Kirchenmitglieder da, oder hat sie darüber hin-aus auch einen gesellschaftlichen Auftrag? Dann äusserte sie sich zu den Themen Öffentlichkeit und Politik. Ist die Religion – und damit auch die Tätigkeit des Pfarrers – etwas Öffentliches, und ist es am Ende gar etwas Politisches? Und schliesslich kam sie auf einige religionspolitische Fragen zu sprechen. Dabei ging es darum, wie wir seitens der Politik und der Kirche mit den grossen Veränderungen umgehen sollen, die sich in unserer Gesellschaft abspielen. Ihre Rede schloss sie mit: «Ich wünsche mir: mutige Pfarrerinnen und Pfarrer, die immer wieder versuchen, mit der breiten Bevölkerung in Kontakt zu treten. Die fundierte Ausbildung ist dafür die notwendige Grundlage. Und ich wünsche Ihnen, ein erfolgreiches Wirken, heute und in Zukunft». Die ganze (sehr lesenswerte) Rede kann hier heruntergeladen werden. 

Zum Schluss

Nebst den inspirierenden Reden freuten sich die Gäste besonders auch darüber, Kolleginnen und Kollegen wiederzusehen, Zeit zu haben für Gespräche, Speis und Trank zu geniessen und zwischendurch an den Kurz-Workshop mitzumachen.

Wir blicken mit Freude auf das Jubiläumsfest zurück und danken all unseren Gästen fürs Dabei sein und mitfeiern!

 

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