Bern: In diesem Jahr hat die Berner Jury die Arbeit von Lukas Gerber aus Tägerwilen als herausragend gewürdigt. Gerber bewegt die Frage, wie Sklaverei über hunderte von Jahren mit dem christlichen Wert der Nächstenliebe vereinbart werden konnte. Damit nimmt er aktuelle Fragestellungen der „Black Lives Matter“-Bewegung und der Debatte um moderne Formen der Ausbeutung auf und bearbeitet sie unter einem historischen und theologischen Gesichtspunkt. Der Maturand drückt sich nicht um schwierige Passagen der Bibel oder dunkle Kapitel der Geschichte, sondern bearbeitet sie mit bemerkenswerter Ehrlichkeit und persönlicher Betroffenheit. Seine Überlegungen regen Leserinnen und Leser zum Nachdenken über die eigenen Verstrickungen in unterdrückerischen Systemen der Gegenwart an.

Basel: Um Geschlechtergleichberechtigung in einem in Südindien entstandenen Glauben, der syro-malabarischen Kirche in Kerala, geht es in der Maturarbeit von Christin Pandiamakkal aus Liestal BL, die es damit bis ins Finale von «Schweizer Jugend Forscht 2022» geschafft hat.

Sie ist ich der Frage nachgegangen, inwiefern Frauen in der syro-malabarischen Kirche in Kerala überhaupt Zugang zu kirchlichen Positionen haben und wie die Situation von indischen Frauen bewertet wird. Die Basler Jury lobt in ihrem Gutachten «den Mut, sich einem komplexen Thema anzunehmen, das nicht nur innerhalb der syro-malabarischen Kirche oder des Christentums diskutiert wird und hohe gesellschaftliche Relevanz aufweist».  Ebenso gelinge es der Verfasserin mit ihrer Arbeit einen Einblick in ein weitgehend unbearbeitetes Forschungsfeld: Die Antworten der Frauen zur Rolle der Frau innerhalb der syro-malabarischen Kirche „regen zum politischen und wissenschaftlichen Nachdenken an und zeigen, dass die soziale Realität komplex und ambivalent ist“.

In Zürich hat Alex Brunner aus Kloten die Jury mit seiner Arbeit über den Züriputsch von 1893 unter einer lokalhistorischen Perspektive beeindruckt:

Gegenstand der Betrachtung bildete die Gemeinde Kloten, in der der Maturand wohnhaft ist. Die Arbeit widmet sich den komplexen Verflechtungen des aufkommenden Liberalismus und des konservativen Protestantismus. Die Erkenntnisse bezüglich der erschlossenen Zusammenhänge zwischen der Gemeinde Kloten und dem Züriputsch entnahm Brunner den Archivbeständen des Gemeindearchivs Kloten und des Kirchenarchivs der Reformierten Kirche Kloten.

Als herausragend bewertet wurde vor allem die Präsentation und Auswertung von handschriftlichen Quellen, die der Verfasser selbständig in Archiven gesucht, aus den alten deutschen Handschriften transkribiert und sehr eigenständig auf dem Hintergrund der im ersten Teil dargestellten Ereignisse ausgewertet hat.

Mit dem Theologiepreis setzen die Fakultäten der Universitäten Basel, Bern und Zürich einen Anreiz, Themen rund um Ethik, Religion und Theologie zu entdecken und zu erforschen. Dabei geht es auch darum, Interesse am Studienfach Theologie zu wecken: Der Theologiepreis ist eine von mehreren Initiativen, die junge Menschen zur Erforschung und kritischen Reflexion religiöser Traditionen und Werte anregen und Räume öffnen für die Auseinandersetzung mit der eigenen Glaubenspraxis.

Weitere Informationen: theologiestudium.ch | Theologiepreis für Maturarbeiten und theologiestudium.ch | Ausgezeichnete Arbeiten 

Fachkontakt: Barbara Schlunegger (Projektleiterin), 044 258 92 77,
barbara.schlunegger@theologiestudium.ch