Die Allokation der Finanzen geschieht in den meisten Kantonal- und Landeskirchen der Schweiz nach den Mitgliederzahlen in den einzelnen Gemeinden (und darüber hinaus leisten sich die meisten Kirchen übergemeindliche Ämter und Dienste). Für die Gemeindearbeit bedeutet das, dass auf etwa 2000 bis 3000 Mitglieder eine Pfarrstelle entfällt. Mehr ist kaum finanzierbar. Es ist dabei unbedeutend, wie lebendig oder tot das Gemeindeleben ausfällt und wie viele Menschen zum Beispiel den Gottesdienst besuchen und wie viele Freiwillige zur Mitarbeit motiviert werden können.
Dieses mitgliederbezogene Geldverteilungsprinzip muss radikal gebrochen werden. Denn diese rein fiskalisch definierte Finanzierungsmechanik hat für die Kirche in der Schrumpfungsphase tödliche Wirkung: Erstens belohnt sie nicht erfolgreichen Gemeindeaufbau, zweitens trägt sie den Bedürfnissen der einzelnen Kirchenglieder nicht Rechnung. Wir wissen, dass eine Pfarrperson – wenn sie sehr gut arbeitet – maximal 300 Personen erreichen kann. Das heutige Finanzierungssystem geht also davon aus, dass 3000 Mitglieder dafür bezahlen, was dann 300 Mitglieder «konsumieren». Das widerspiegelt sich zum Beispiel im Platzangebot der Kirchen: 1970 zählte die Kirche in Basel 135 000 Mitglieder, Platz in den Kirchen konnten nur 13 000 finden. Man ging schon damals davon aus, dass auch an den hohen Feiertagen maximal ein Zehntel der Mitglieder die Kirche besuchen wollen. Zudem führt dieses System dazu, dass die Schrumpfung der Mitgliederzahl zu einer Ausdünnung des Angebots führt. Diese Abwärtsspirale führt irgendwann zum Lichterlöschen in der Kirche.
Heute ist Kirchenmitglied sein und bleiben ein bewusster Akt. Die Kirche Basel-Stadt setzt voll auf diejenigen, die aktive Mitglieder sein wollen. Wir arbeiten daran, dass die 300 «KonsumentInnen» bereit werden, die Vollkosten für die Kirche selbst zu tragen. So müssen wir uns zum Ziel setzen, dass in 15 Jahren auf 300 Mitglieder mindestens eine Pfarrstelle kommt. Das ist nicht mit einem Steuermittelallokationsmechanismus über die reine Mitgliederzahl zu leisten. Es braucht andere, zusätzliche Instrumente. So haben wir heute erreicht, dass nicht wie 2004 noch eine Pfarrstelle auf 3000 Mitglieder entfällt, sondern dass jetzt bereits 1000 Mitglieder eine Pfarrstelle mit allem Drum und Dran (Sigristen- und Organistendienst, Diakonie, Katechese, Raumbedürfnisse u.v.m.) finanzieren.
Ich denke, dass sich die Pfarrpersonen vermehrt auf die genuinen pastoralen Aufgaben fokussieren: Verkündigung, Konfirmationsunterricht, einige Kasualien. Für die weitere Arbeit müssen die an der kirchlichen Arbeit Interessierten weitere Mitarbeitende einstellen. Denn volkskirchlich geprägte Mitgliederkirche bedeutet: die Kirche wirkt in der Nachbarschaft, im Quartier, in der Gesellschaft diakonisch und missional – mit dem Blick auf alle Menschen. Nur wirkt sie nach aussen nicht nur durch die Pfarrpersonen, sondern in erster Linie durch den Dienst weiterer Mitarbeitenden. Sie sind dort Zeugen des Evangeliums, wo sie leben, arbeiten und vernetzt sind. Die Pfarrpersonen nehmen die traditionellen pastoralen Aufgaben so wahr, dass sie viel Zeit und Energie in die Begleitung und Beratung der Teammitglieder investieren können. So hoffen wir, die Anzahl der Mitglieder unserer Kirche bei 20 000 zu stabilisieren und von der Ausstrahlung her an Fahrt zu gewinnen. Dazu benötigen wir mittelfristig 70 Pfarrpersonen. Da stellt sich natürlich die Frage, woher sie bei der gegenwärtigen Nachwuchssituation kommen sollen.
Wir verfolgen deutlich eine andere Strategie als einige andere Kirchen der Deutschschweiz, die Sparrunden und Kirchgemeindefusionen durchführen. Die volkskirchliche Ausrichtung der Basler Mitgliederkirche kommt immer noch am besten zum Ausdruck in der VI. These von Barmen: «Der Auftrag der Kirche, in welchem ihre Freiheit gründet, besteht darin, an Christi Statt und also im Dienst seines eigenen Wortes und Werkes durch Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk.» In diesem Verständnis kann Service Public die Tätigkeit der Kirche nicht erschöpfend beschreiben – ihre missionale Dimension soll die Kirche mit genügend Ressourcen und Energie leben.