Ein Ja zur Vielfalt

Ich komme aus New York und bin als junger Musiker in die Schweiz gekommen, um an der renommierten Schola Cantorum zu studieren. Inzwischen ist Basel meine Heimat geworden. Ich habe mich eingebürgert und spreche mit meinem Lebenspartner nur noch deutsch.

Als Musiker spiele ich oft in Kirchen und habe dadurch die reformierte Tradition kennengelernt. Religion habe ich als Sohn eines russisch-orthodoxen Priesters mit der Muttermilch aufgesogen. Die hierarchischen, männlich dominierten Strukturen, die ich in der Orthodoxie wahrnahm, haben mich aber von ihr entfremdet. Fünfzehn Jahre lang hielt ich die Religion auf Abstand. Bis ich in der Schweiz eine Kirche kennenlernte, in der ich Gemeinschaft erlebte und innerlichen wachsen konnte. Ich nahm eine geistliche Begleitung der Pfarrerin in Anspruch, diskutierte mit anderen über Bibeltexte und fand Zugang zur christlichen Meditation. Mir wurde bewusst, wie wichtig mir nebst Partnerschaft und Freundeskreis eine solche Gemeinde ist.

Beruflich fehlte es mir in dieser Zeit an Perspektiven. Als ich über eine Werbung für den Quereinstieg ins Theologiestudium stolperte, dachte ich: Wenn du nicht mehr Musiker sein möchtest, wirst du Pfarrer! Die Zweifel waren gross. Gibt es in der Kirche Platz für mich, für einen schwulen Mann und Ausländer, in einer Tradition, die so stark auf das Wort fixiert ist? Zwei Jahre später wagte ich den Schritt ins Theologiestudium. Es ist anspruchsvoll, aber intellektuell unglaublich anregend.

Meine orthodoxen Eltern haben mich in allem unterstützt und nehmen mir auch den Wechsel der Konfession nicht übel. Für mich bedeutet das Label «reformiert» die starke Verwurzelung der Gemeinde vor Ort und ein Ja zur Vielfalt. Kirche soll so vielfältig sein, wie es die Menschen sind, und enge Weltbilder aufsprengen. Ich hoffe, dass ich durch meine Person einen Beitrag dazu leisten kann.