Mittwoch, 15. Juni 2022, nachmittags

Die Beymeister im hippen Stadtquartier

Janneke Botta begrüsst uns am Wiener Platz in Köln-Mühlheim. Der Platz markiert die Grenze zu einem Quartier, das in den letzten Jahren hip geworden ist. Hier sind die Beymeister unterwegs mit Menschen aus dem expeditives Milieu: entdecken ihre Bedürfnisse, pflegen mit ihnen Spiritualität, werden mit ihnen Kirche. Der Treffpunkt war fünf Jahre ein Laden, und es lief gut. Nur wurde der Ort zunehmend zum Anziehungspunkt für kirchlich verwurzelte Menschen aus der halben Stadt, die in ihren Gemeinden frustriert waren. Die Beymeister sehen es nicht als ihre Berufung, diesen Menschen eine neue Heimat zu geben. So beschlossen sie, den Laden zu schliessen und ganz neu anzufangen. Die beiden Gründer gingen weiter, so ist Janneke neu unterwegs im Quartier, in den Freizeitanlagen am Rhein (Bild), beobachtet und hört sich um. Sie wird als nächstes eine mobile Bühne einrichten, damit lokale Musikgruppen auftreten können – Musik spielt im Quartier eine sehr grosse Rolle.

Allerdings ist die Zukunft der Beymeister in Frage gestellt: es ist unsicher, ob der regionale Kirchenkreis die Finanzierung weiterführt, wenn die Finanzierung durch die Landeskirche (über den Fonds Erprobungsräume) ausläuft. So wird sich exemplarisch entscheiden, ob ein Erprobungsraum der ersten Stunde nachhaltig finanziert werden kann.

Mehr Infos unter beymeister - Erprobungsräume (erprobungsraeume.de)

Beymeister am Rhein

Die Beymeister sind auch unterwegs in den Freizeitanlagen am Rhein.

Mittwoch, 15. Juni 2022, vormittags

Die Eisheiligen – ein urbanes Familienkloster 

Sten empfängt uns im schattigen Garten zwischen Kirche und Kloster in Köln-Ehrenfeld. Als Lernvikar in der Gemeinde überzeugte er (für ihn ganz überraschend) das Presbyterium, die leer stehende Räume nicht einem Investor zu verkaufen, sondern einer neuen klösterlichen Wohngemeinschaft. Er wohnt da mit seiner Frau, insgesamt 4 Familien mit 7 Erwachsenen und 4 Kindern. Sie pflegen die Beziehungen in der Nachbarschaft, beleben den Garten und halten ihn auch für andere Familien offen. Sie halten eine Gebetsliturgie zweimal wöchentlich und gestalten einen partizipativen Gottesdienst einmal pro Monat. Dieser findet bewusst zur gewohnten Zeit statt (nicht als Zusatzangebot), was bei einem Teil der Gemeinde zu Zähneknirschen führt – hier fehlt traditionelle Liturgie… In diesem Gottesdienst pflegen die Eisheiligen eine Willkommenskultur für Kinder, die sich bereits positiv auswirkt. Familien kommen gern mit ihren Kindern  zum Eisheiligengottesdienst.

Eine weitere Auswirkung hat die Initiative bereits: Mit diesem mutigen Schritt hat das Presbyterium gemerkt, dass es nicht nur zum Verwalten da ist. Themen der Gemeindeentwicklung beschäftigen das jetzt Gremium viel intensiver als früher.

Mehr Infos unter Die EisHeiligen - ein Urbanes Familienkloster - Erprobungsräume (erprobungsraeume.de)

Dienstag, 14. Juni 2022, nachmittags

Zu Besuch bei der Internationalen evangelischen Gemeinde Wuppertal

Daniel Njikeu erzählt uns freimütig, wie er als Maschinenbaustudent in Dortmund zwei Jahre brauchte, bis er als Kameruner echte Aufnahme in eine Kirchgemeinde fand. Daraus ist seine Berufung entstanden, internationale und deutsche Gemeinden zu vernetzen, damit sich die Mitglieder zueinander öffnen, voneinander lernen, miteinander feiern. Diese Arbeit tut er jetzt im Kirchenkreis Wuppertal seit drei Jahren. Die Internationale evangelische Gemeinde (IEG) wird mittlerweile auch als Erprobungsraum der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) unterstützt. Die IEG pilgert mit ihren Angeboten und Gottesdiensten von Ort zu Ort, von Gemeinde zu Gemeinde: Bibelgespräche, internationales Kochen und die internationalen Chorproben finden mal da, mal dort statt. Die internationalen Mitglieder (Chinesen, Koreaner, Indonesier, Afrikaner) erhalten so eine doppelte geistliche Heimat: in der IEG und in der Ortsgemeinde. Es gibt aber Mitglieder, die keinen Anschluss an eine (deutsche) Ortsgemeinde finden. Für sie stellt sich die Frage, ob sich die IEG stärker in Richtung Gemeindewerdung bewegen soll.

Daniel Njikeu hat uns mit seiner humorvollen Art begeistert. Er folgt seiner Berufung weiter mit einem Masterstudium in Theologie für Quereinsteigende.

Mehr Infos unter Internationale Ev. Gemeinschaft (evangelisch-wuppertal.de)

Dienstag, 14. Juni 2022, vormittags

Zu Besuch bei Rebecca John Klug, projektverantwortliche Pfarrerin für die Erprobungsräume

Rebecca John Klug, projektverantwortliche Pfarrerin der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) für die Erprobungsräume, stellt uns ihren Weg vor. Wir sitzen alle mit Maske im Sitzungszimmer – hier ist Corona alles andere als vorbei. Dies hatte selbstverständlich einen grossen Einfluss auf den Start des Projekts. So hat sich das Gremium, das Unterstützungsbeiträge spricht, seit 2020 erst einmal live getroffen.

Über 10 Jahre hat die Landessynode 6 Millionen Euro für die Unterstützung der Erprobungsräume gesprochen, wobei ein Teil der Finanzen nicht direkt in die Initiativen fliesst. Aus dieser Summe wird auch die Begleitung und Beratung der Projekte finanziert. Ziel ist, in der EKiR eine mixed economy zu realisieren, also eine Vielfalt von Formen innerhalb der Kirche. Jetzt schon zeigt sich, dass dieses Ziel zwangsläufig Konflikte zwischen Bisherigem und Neuem mit sich bringt. Die finanziellen Ressourcen sind nämlich begrenzt, es gilt ein Stellenstopp. Das bedeutet: auch für ein so überzeugendes Angebot wie die Segensfeiern (siehe Beitrag von gestern) müssen Mitarbeitende bereit sein, dieses Angebot in ihren bestehenden Stellenprozenten zu übernehmen. Sie müssen dann entscheiden, was sie nicht mehr machen, um in ihrem Pensum Platz für das Neue zu schaffen. Die andere Möglichkeit, mit Fundraising Fremdfinanzierungen zu gewinnen, wird im Moment in der EKiR kaum genutzt.

Diese Situation stellt die Frage nach Kriterien nicht nur für Innovation, sondern auch für Exnovation, für das Einstellen bisheriger Aktivitäten und Angebote. Rebecca John Klug investiert sich dort in der Beratung besonders intensiv, wo ein Projekt grosse Widerstände auslöst. Grosse Widerstände zeigen nämlich meist, dass viel Energie vorhanden ist, die kreativ genutzt werden kann.

Mehr Infos unter Erprobungsräume - Erprobungsräume (erprobungsraeume.de)

 

Rebecca John Klug

Rebecca John Klug, Pfarrerin und Projektleiterin bei Erprobungsräume

Montag, 13. Juni 2022, nachmittags

Die dorf.kirche Düsseldorf 

Samuel Coppes empfängt uns aus seinen Acker. Hier trifft er sich mit einem Team von 15 Personen regelmässig Sonntag nachmittags zum Gärtnern und Gottesdienst feiern. Als Pastor des Gemeinschaftsverbands ist seine Vision, Kirche zu leben mit denen, die der Kirche in ihrem Leben eine letzte Chance geben wollen. Warum Acker und warum Garten? Er hat zusammen mit seiner Frau die Erfahrung gemacht, wie stark Gemeinschaftsgärten (buchstäblich) die Gemeinschaft fördern. So schwebt ihm eine GartenKirche vor. Diese regelmässigen Treffen versteht er im Sinne des Design Thinking als Prototypen, bevor sie weitere Kreise dazu einladen. Sichtbar steht die Initiative am Anfang. Sie haben das Land erst seit Mai 2022 von der Stadt gepachtet, vielen muss noch organisiert werden, von der Wasserversorgung über den Schutz vor der Witterung bis zum… Abort. Aber die Vision lebt in ihnen: aus sterbenden Gemeinden neues geistliches Leben entstehen zu lassen. Der Hauptteil der Finanzen der dorf.kirche stammt nämlich aus der Verwertung von Liegenschaften, die im Gemeinschaftsverband nicht mehr genutzt werden, weil Gemeinden eingehen.

Mehr Infos unter: die dorf.kirche düsseldorf - Erprobungsräume (erprobungsraeume.de)

dorf.kirche

dorf.kirche Düsseldorf

Montag, 13. Juni 2022, vormittags

Segensfeiern 

In der Markt Kirche, Mitten in der Essener Fussgängerzone, empfängt uns das Team der Segensfeiern. Es besteht aus Männern und Frauen, Evangelischen und Katholiken, Laien und Profis. Die Gruppe hat Segnungsfeiern für werdenden Eltern und Eltern mit Neugeborenen und deren Familien, an vielen Orten im Ruhrgebiet ins Leben gerufen. Mit diesem Projekt aus den Erprobungsräumen möchte Kirche den Menschen zeigen, dass sie  sie wahrnimmt in ihrer Lebenswirklichkeit, an dieser Schwelle zum neuen Lebensabschnitt als Eltern, und ihnen dort Begleitung und ein Ritual anbieten.

Vier Mal im Jahr werden diese Feiern an ganz verschiedenen Orten, in der Regel Kirchen, angeboten. Sie nennen sich bewusst Feiern, sind aber von ihrer Form her ein Gottesdienst. Der Kern dieser Feier ist ein Segen, der jeder Familie ganz persönlich zugesprochen wird: Der Segen ist etwas, der die Menschen unmittelbar berührt, auch über- oder sogar postkonfessionell.

Die Menschen, die Eltern geworden sind, ausfindig zu machen ist relativ einfach, da die Daten für von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden. Schwieriger ist es, die Klientel für die Segensfeiern für Ungeboren zu erreichen. Hier hat man auf gute Vernetzung mit Spitälern, Arzt- und Hebammenpraxen und Kitas angewiesen sowie die Präsenz auf Social Media. Zudem ist man auch präsent auf Baby-Messen und sucht dort auch mit Hilfe von Give-Aways den persönlichen Kontakt zu den werdenden Eltern.

Besonders war die Leidenschaft und das Engagement aller für diese Segensfeiern zu spüren. Dennoch bekamen sie auch Gegenwind von Kirchgemeinden, die sie als Konkurrenz fürchteten. Zudem ist ungewiss, ob und in welcher Form das Projekt nach Ablauf der Frist als Erprobungsraum weiter gehen wird.

Mehr Infos unter Ökumenische Segensfeiern an der Lebenswende Geburt - Erprobungsräume (erprobungsraeume.de)