In England und Schottland erkunden Vikar:innen zukunftsweisende kirchliche Projekte. Ihre Blogbeiträge geben Einblick in die sich verändernde Kirchenlandschaft und bieten Inspiration für die eigene Gemeindearbeit.

Jährlich begeben sich die Vikar:innen gegen Ende ihrer Ausbildung auf eine inspirierende Reise nach England und Schottland, um innovative kirchliche Orte zu erkunden und Pionier:innen zu treffen. Die Reise ist Teil der Ausbildung Gemeindeentwicklung und soll das Bewusstsein für die sich rasch verändernde kirchliche Landschaft schärfen. Als Leistungsnachweises verfassen die Vikar:innen u.a. jeweils einen Blogbeitrags, der ihre Eindrücke von der Reise widerspiegelt und als Reflexion über das Gelernte dient. In dieser Sommer-Serie erhalten Sie 9 spannende Einblicke von Vikar:innen (die zwischenzeitlich bereits im Pfarramt sind). Insights, die auch für die eigene Arbeit in der Kirchgemeinde inspirieren können.

 

Sommer-Serie 3/9

Der dritte Blogbeitrag ist von Aylin Weets. In ihrem Text geht es um offene und geschlossene Türen. Sie denkt darüber nach, wo sie auf ihrer Reise auf offene Türen gestossen ist, wo in unserer Kirche Türen geschlossen bleiben und was dies für eine Botschaft aussendet. 

 

Offene Türen 

von Aylin Weets

Auf unserer Studienreise durch England und Schottland durften wir immer wieder dankbar erleben, wie uns die verschiedensten Türen offen standen. Allein dass wir die Reise überhaupt durchführen konnten, war keine selbstverständlich offene Tür. Auch Zugtüren, die aufgrund eines Streiks nur wenig später nach unserer Abfahrt zu gewesen wären, standen uns noch offen – genauso wie die Türen vieler Kirchen und Gemeinschaften in London, Edinburgh und Glasgow. 

All diese offenen Türen habe ich jedoch erst nach dem Gespräch mit Rev Peter Gardener in einem Kunst-Studio in Glasgow bewusst wahrgenommen (und ja, auch diese Tür stand uns offen). Peter Gardener wies auf den fundamentalen Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Türen hin und proklamierte, niemals die Macht einer offenen Tür zu unterschätzen. Denn er ist überzeugt: Wenn man Türen schliesst, sagt das viel aus. 

Das hat mir zu denken gegeben. Wo sind unsere Türen geschlossen? 

Manche Kirchentüren sind (scheinbar wegen Vandalismus- und Diebstahlängsten) geschlossen. Sie stehen damit auch Menschen, die Ruhe und Gottes Nähe suchen, nicht mehr offen. Das versetzt mir immer einen kleinen Stich ins Herz. Gibt es hier denn keine andere Lösung? Schliesslich ist eine verschlossene Tür nochmal ein ganz anders Kaliber als eine geschlossene Tür. 

Geschlossene Türen treffen wir auch in normalerweise unabgeschlossenen Kirchen normalerweise an. Was wäre denn, wenn wir die mal bewusst öffnen würden, als sichtbares Zeichen dafür, dass die Menschen bei uns willkommen sind? 

Für einen Gottesdienst werden die Kirchentüren häufig geöffnet, aber sobald der Gottesdienst beginnt, werden sie (wie gewohnt) wieder demonstrativ geschlossen. Das ist nicht nur eine Hürde für Zuspätkommende, sondern auch für neugierig Staunende. Was wäre, wenn wir die Türen sogar während des Feierns offenlassen würden? Wäre es nicht schön, Gottes Wort und die Gesänge, die ihn loben, in das Dorf oder in die Stadt hinaustönen zu lassen? 

Zu den oftmals geschlossenen Türen gehört für mich auch die Pfarrhaustür. Pfarrerin werde ich nicht für mich, sondern für Gott und für die Gemeinde. Deshalb möchte ich auch ausserhalb der Kirche deutlich machen, dass die Menschen mit ihren Anliegen, Freuden und Sorgen bei mir – und bei Gott! – willkommen sind. Ein offener Pfarrgarten wäre natürlich auch eine spannende Option. 

Auch die Evangelien erzählen von geschlossenen Türen. Beten soll man laut Mt 6,6 hinter einer geschlossenen Tür und auch den törichten Jungfrauen in Mt 25 wurde die Tür geschlossen. Dafür heisst es in Mt 7,8, „wer anklopft, dem wird aufgetan.“ In der Spitalseelsorge habe ich gemerkt, dass das Anklopfen eine grosse Hürde darstellen kann. Wollen wir als Kirche den Menschen so eine Hürde durch unsere geschlossenen Türen zumuten? Können wir das in der heutigen Zeit überhaupt noch? Reicht es nicht, wenn die Menschen ihre eigene Haustür (oder Herzenstür) öffnen, um sich auf den Weg zu machen? 

Durch Jesus steht uns die Tür zu Gott offen und daher täte uns sicher auch eine Kultur der offenen Türen gut, denn ich bin überzeugt: Wenn unsere Türen offen stehen, stehen auch uns die Türen offen.