20. Oktober - 1. November 2023

Begegnungen mit der Kirche in einem faszinierenden Land

von Jacques-Antoine von Allmen, Beauftragter für die Weiterbildung A+W

 

Einleitung - Endlich ist es soweit. Nach fünf Jahren Planungen und Verschiebungen wegen der Pandemie reisen wir vom 20. Oktober bis zum 1. November 2023 nach Tansania. Abseits der Touristenströme werden wir im Südwesten des Landes Projekte von Mission 21 besuchen. Wir – eine bunt zusammengesetzte Gruppe von 25 Personen. Neben kirchlichen Mitarbeitenden ist auch eine Gruppe der Stiftung Solidarität mit der Welt (SDW) dabei. Die Stiftung schafft Kontakte zwischen konfessionellen Hilfswerken und der Wirtschaft und betreibt in Wirtschaftskreisen Fundraising für ausgewählte Hilfsprojekte. Alle freuen sich auf die Begegnungen vor Ort, denn hinter Projektbeschrieben stehen Menschen in ihren Kontexten, mit ihren Freuden und Alltagssorgen.

Partnerkirche von Mission 21 ist die Herrnhuter Brüdergemeine (Moravian Church in Tansania). Diese ist aus der Tätigkeit der Herrnhuter Mission seit 1891 hervorgegangen. Als selbständige Kirche innerhalb der weltweiten Brüdergemeine und Mitglied der Missionssynode von Mission 21 vertritt sie eigenständig notwendige Schritte zu ihrer Entwicklung.

Reiseblog chronologisch absteigend

Augenhöhe heisst zuerst wahrnehmen – mein Fazit

2. November 2023 - von Jacques-Antoine von Allmen

Tansania 2023-30

Mir bleibt, wie offen die Menschen, denen wir begegneten, ihre Frömmigkeit leben. Fast alle beginnen zu sprechen mit dem Satz «Praise the Lord». Auch wenn es vielleicht eine Floskel ist, drückt dieser Satz für mich eine innere Haltung aus, die wir in der Kirche Schweiz sehr für uns behalten: Die Ausrichtung auf Gott.

Die Freundlichkeit der Leute, ihre Fröhlichkeit trotz (aus unserer Sicht) schwierigen Lebensumständen beeindrucken mich.

Die Partizipation der Leute am Gottesdienstgeschehen ist in Tansania essentiell. Auch wenn wir in Zukunft kaum im Gottesdienst tanzen werden, müssen wir doch das Frontale des reformierten Gottesdiensts angehen.

Die Kirche in Tansania präsentiert sich sehr männlich-hierarchisch. Es sind aber starke Frauen am Werk an der Hierarchie vorbei. Innovation kann auch bei uns heissen: Nicht lange fragen, just do it.

Weshalb wächst die Moravian Church in Tansania? Auf diese Frage bekamen wir zur Antwort: weil sie gute Antworten auf die Nöte der Menschen hat, bessere als der Staat. Frage an uns: Wo haben wir bessere Antworten auf die Nöte der Menschen als andere?

Kirche und Mission

Eine wichtige Frage bleibt die Beziehung zwischen den Kirchen und Missionen hier und in Tansania. Wie kann nach der schmerzvollen Vergangenheit Augenhöhe entstehen? Auf dem Zwischenhalt in Amsterdam kaufe ich «Die Zeit». Es springt mir ein Beitrag zum Maji-Maji-Krieg 1905 ins Auge, bei welchem 300'000 Ostafrikaner unter der Gewalt der deutschen Kolonialherren starben. Tansania: Steinmeier bittet um Verzeihung für deutsche Kolonialverbrechen | ZEIT ONLINE. Ist Entwicklungszusammenarbeit vor diesem Hintergrund eine Art Wiedergutmachung? Wie sieht die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit aus, wenn China Europa in den Beziehungen zu den afrikanischen Staaten den Platz streitig macht? Auf alle Fälle müssen die europäischen Partner anders agieren als die Chinesen, die für Infrastrukturprojekte einfach Chinesen als Arbeitskräfte einfliegen. Es gilt, weiterhin mit den Leuten vor Ort und verwurzelt im Kontext zu arbeiten.

Wir kommen als Botschafter:innen Tansanias zurück, das haben unsere Gastgeber mehrfach betont. In einer Zeit, da die Populisten die Nase vorne haben erinnern wir daran: Tansania, ja Afrika braucht unser Engagement nach wie vor.

Ein Gottesdienst des Mittelstands: New Forest

29. Oktober 2023 - Jacques-Antoine von Allmen

Zum Abschluss unserer Reise besuchen wir den Gottesdienst in einem Quartier von Mbeya, das leicht erhöht steht. An den Häusern ringsum die Kirche merkt man sofort, dass hier Leute aus dem (oberen) Mittelstand wohnen: Anwälte, Regierungsbeamte, Ärzte. Die Gemeinde ist sehr jung: sie wurde im April 2021 gegründet, dann wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Diese ist fast fertig, nur die Umgebungsarbeiten fehlen noch. Die Kosten für den Bau im Umfang von umgerechnet USD 150'000 wurde ausschliesslich aus Gaben der Kirchenmitglieder realisiert.

Die Gewänder der Männer sind etwas europäischer als in Rungwe vor einer Woche (eng anliegende Anzüge statt «Kaunda Suits»). Die Herzlichkeit aber ist dieselbe. Fünf Chöre treten auf  - das ist offenbar der Weg, wie Partizipation im Gottesdienst ermöglicht wird. Den Sonntagsschulchor leitet ein etwa 10jähriges Mädchen. Sie strahlt die Selbstverständlichkeit eines Profis aus. Richtigehend beschämt sind wir, als wir erfahren, dass die Gemeinde einen Korb der Kollekte für uns aufgestellt hat. Es kommen TSH 87.000 zusammen (umgerechnet USD 45), damit es uns auf der Rückreise gut geht. Für mich bedeutet Augenhöhe, dass wir diese Spende mit Dank annehmen.

Nach dem Mittagessen mit der Gemeinde werden wir verabschiedet vom «Kirchenratspräsident»: Robert Pangani ist Chairman des Executive Comitee der Moravian Chrurch South West Tanzania. Doch nach der Verabschiedung lässt er es sich nicht nehmen, uns zum Flughafen Mbeya zu begleiten. Er hilft uns gar, unser Gepäck aus den Bussen zu hieven. Ich hoffe, dass diese Hilfsbereitschaft von Herzen kommt und kein Überbleibsel einer dienenden Haltung gegenüber uns Europäern ist.

 

Besuch im Zentrum für Waisen und vulnerable Kinder bei Mbeja

28. Oktober 2023 - von Alexandra Cohen

Das Zentrum für Waisen und vulnerable Kinder, gegründet 2004 für die Gegend von Mbeja. 2006 wurde der Betrieb aufgenommen und seither durch die Moravian Church in Tansania SWP geführt.

Da in dieser Gegend sehr viele Familien sehr arm sind, und wenn dann durch Krankheit (HIV) die entweder einer oder beide Elternteile ausfallen, die Verwandten zu wenig Hilfe anbieten können, entstehen viele Probleme. Da hilft das Amani Nsalaga Center z.B. bei der Beschaffung von Schulmaterial, Uniformen etc. Auch erhalten die Kinder Hilfe beim Lernen und bei der Vorbereitung auf höhere Schulen. Ebenso erhalten sie medizinische und falls nötig psychologische Betreuung.

In diesem Zentrum dürfen die Kinder jeden Samstag den Tag verbringen. In den zwei weiteren Zentren finden diese Treffen nur zwei mal pro Monat statt. Das Personal besteht aus der Direktorin, ihrer Assistentin und einem Lehrer. Alle weiteren Betreuer:innen sind Freiwillige, bis zu 80 Personen.

Wir werden vorerst mit Liedern, Gebet und Tee begrüsst. Danach erhalten wir ausführliche Informationen über das Zentrum – das Wichtigste siehe oben. Wir haben auch Gelegenheit Fragen zu stellen, Wiederum haben die Kinder Lieder und ein Gedicht für uns vorbereitet. Danach geht’s in zwei Gruppen zu den von uns schon in der Schweiz vorbereiteten Aktivitäten: Eine Gruppe stellt Freundschaftsbänder her, die andere Gruppe spielt mit dem mitgebrachten Fallschirm draussen. Sie sind für beides leicht zu motivieren und haben viel Ausdauer. Auch eine Geschichte in Kisuaheli liest Alexandra vor (beeindruckend). Wir lernen, vor dem begleitenden Klatschen erst ausgiebig die Handflächen aneinander zu reiben damit es besser und lauter tönt.
Nach dem Mittagessen für Gäste und Kinder geht es ans Abschied nehmen. Ich glaube, dass wir alle einige schöne, bereichernde Stunden verbracht haben.

Auf dem Rückweg nach Mbeja besuchen wir noch den Laden eines ehemaligen Besuchers des Zentrums, Furaha … Er hat es geschafft sein eigenes Geschäft zu eröffnen. Er bietet Metallarbeiten und Malerarbeiten an. Dabei gelingt es ihm andere Waisen anzulernen und sie für die Zukunft zu stärken. Ein kurzer Film berichtet über ihn. 

Zum Schluss noch eine weniger gute Nachricht: Bis vor kurzem gab es in den drei Zentren für 300 Kinder Platz. Inzwischen sind neben Mission 21 zwei weitere Organisationen, welche das Amani Nsalaga Center regelmässig unterstützen abgesprungen. Nun sind es noch ca. 260 Kinder.

 

Theologie im Kontext. Gespräche an der Teofilo Kisanji University (TEKU)

27. Oktober 2023 - von Jacques-Antoine von Allmen

Wir sind Gäste an dieser Universität, die der Moravian Church gehört und Studiengänge aller Fakultäten anbietet. Der Vormittag ist mit Vorträgen dem Thema Gendergerechtigkeit gewidmet, der Nachmittag Gruppengesprächen zur kontextuellen Bibelauslegung. Den Tag leitet Mary Kategile, Assistenzprofessorin der theologischen Fakultät.

Die Vorträge von Madam ZamZam (eine muslimische Umweltwissenschafterin), Dekan Elia Mligo und Michael Sule zeigen die Herausforderungen auf dem Weg zu Gendergerechtigkeit in Ostafrika. Die weibliche Beschneidung ist zwar seit 10 Jahren verboten, geht aber nur langsam zurück. Es ist für Frauen sehr schwierig, Anteil an Grundbesitz zu bekommen, auch wenn sie in der Landwirtschaft 80 Prozent der Nahrungsmittel produzieren. Biblische Texte, die den Mann als Oberhaupt der Familie bezeichnen, werden stärker gewichtet als Galater 3,28 (Es gibt weder Mann noch Frau, denn alle sind eins in Jesus Christus). Die muslimische Dozentin stellt sich auf den Standpunkt, dass Gendergerechtigkeit aus dem Koran problemlos abgeleitet werden kann. Bestehende Gender-Ungerechtigkeiten in islamischen Ländern wären in dem Sinn kulturell bedingt.

Mein Eindruck zum Thema aus unserer Reise ist: In Kirche und Gesellschaft haben die Männer nach wie vor eine sehr starke Position und stellen diese gern nach aussen dar (auch wenn die Präsidentin des Landes im Moment eine Frau ist:Samia Suluhu Hassan). Doch die Frauen, die es in Leitungspositionen schaffen, wirken sehr «tough» und kreativ. Sie müssen auch ihre Position vereinbaren mit Muttersein und teils Landwirtschaft – keine geringe Leistung.

In meiner Nachmittagsgruppe geht es um Unterschiede im Mindset in Tansania und in der Schweiz. Zum Thema «hierarchisches Leiten vs partizipative Zusammenarbeit» meinen die tansanischen Studierenden: Häufig kann sich hinter einer hierarchischen Fassade Wertvolles aus partizipativer Zusammenarbeit entwickeln. Eine Herausforderung bleibt die synodale Kontrolle der hierarchischen Kirchenleitung.

Eine ausführlichere Übersicht über den Tag durch Andreas Werder findet sich hier.

Lunji – ein tansanisch-deutsches Kaffee-Startup

26. Oktober 2023 - von Peter Leuenberger

Nach einer guten Stunde Fahrt über holprige Wege gelangen wir im Bergland zur Lunji-Farm. Paul und seine Frau Diana Maier begrüssen uns herzlich - zu unserer Überraschung auf deutsch - in ihrem paradiesischen Garten. Paul studierte Agrarwissenschaften in Berlin und kam nach dem Studium zurück nach Tansania. Die Farm hat eine fast 100 jährige sehr bewegte Geschichte. Seit 1995 ist sie im Besitz der Eltern von Paul. Sein Vater Klemens kaufte die Plantage als deutscher Einwanderer. Inzwischen haben Paul und Diana die Farm übernommen. Der Vater steht gerne mit Rat und Tat weiterhin zur Seite.

Herausforderungen der Kaffee-Farm

Ein paar Daten zur Farm: 92 Hektaren misst die Anbaufläche, was einer jährlichen Ernte von gut 90 Tonnen entspricht. 20 Arbeitende sind fix angestellt (Traktorfahrer, Schreiner, Wächter, Vorarbeiter). In der Erntezeit (Mai bis September) sind es bis 80 Teilzeitarbeitende.

Aktuelle Herausforderungen: Sinkende Erträge und sinkende Preise bei steigenden Kosten. Paul und Diana entwickeln folgende Strategien: Bodenpflege, Züchtung von resistenten Kaffeesorten, steigender Verkauf von geröstetem Kaffee (stabilerer Preis), Nischenprodukte anbieten, Qualität hoch halten, Aufbau eines Netzwerkes und zunehmender Export nach Europa, zB. Barista in St. Gallen. Der Kaffee kann online unter www.lunjikaffee.de bestellt werden. Der Transport erfolgt in der Regel per Flugzeug. Die zwischen den Kaffeeplantagen gepflanzten Bäume kompensieren den CO2 Ausstoss bei weitem.

Der Klima verändert sich. Die Umwelteinflüsse sind entscheidend. In den letzten dreissig Jahre sind die Niederschläge zwar durchschnittlich ausgefallen, jedoch ist sie ungleichmässig verteilt. Die Trockenzeiten dauern länger und in den Regenzeiten sind die Mengen grösser. Darum geht es in Zukunft, Wasser zu sammeln in der Regenzeit.

Folgende Erkenntnisse bleiben uns in Erinnerung:

  • Auf den Boden kommt es an. Gesunde Pflanzen können nur auf einem entsprechend gepflegten Boden gedeihen
  • Trinkt Pepsi! Bei der Herstellung der örtlichen Pepsi-Fabrik entstehen Abfälle (Asche aus organischem Boiler), welche als Dünger auf der Kaffeeplantage dienen. (Zum Dünger für den Kompost dienen zusätzlich Kuhmist sowie Schälabfälle von den Kaffeekirschen)
  • Kaffee ist ein Kulturgut, das mit viel Herzblut produziert wird.

 

Weitere Info bietet die Sendung bei ZDF Neuanfang am Kilimandscharo 

Von Berufsleuten und sozialen Bedürfnissen

25. Oktober 2023 - von Jacques-Antoine von Allmen

Berufsleute braucht das Land

Wir besuchen die Berufsschule der Moravian Church. Mission 21 unterstützt diese Schule insbesondere, um die Ausbildungschancen von Frauen und von Menschen mit Einschränkungen zu verbessern. Neun Ausbildungsgänge werden angeboten. Nach dem erfolgreichen Abschluss Level 2 (nach zwei Jahren) können die Besten ihre Kenntnisse auf Level 3 (drittes Jahr) vertiefen. Die Ausbildung findet grösstenteils in der Schule selbst statt. Die Studierenden absolvieren ein zweimonatiges Praktikum in Unternehmen. Da es gerade in der ländlichen Region Mbeya zu wenig leistungsfähige private Unternehmen gibt, ist diese praktische Komponente der Ausbildung wenig ausgebaut. Für einige Praktika müssen die Studierenden nach Dar es Salaam (800 km entfernt). Hier konzentrieren sich die grossen Unternehmen. Dies bedeutet, dass viele Absolvent:innen ihr eigenes Unternehmen in der Region gründen. Dazu bekommen sie ein Grundwissen in der Leitung eines Kleinunternehmens.

Wir werden in vier Gruppen von zwei Studentinnen und zwei Studenten durch den Campus geführt. Die Studierenden sind mit grossem Engagement dabei und die Ausbildung ist so gestaltet, dass das Können auch «draussen» umzusetzen ist: Viel Handarbeit, wenig Maschinen, da im Land Strom knapp ist. Am Schluss darf jede Gruppe Hand anlegen. Es macht den Mädchen der Hotellerieklasse sichtlich Spass, mit zwei älteren Männern Scones zuzubereiten.


Wie zeigt man soziale Bedürfnisse?

In einem Kirchgemeindesaal treffen wir die Verantwortlichen für Diakonie der verschiedenen Bezirke in der Provinz Mbeya. Es ist nicht ganz einfach, dem Vortrag des Vorsitzenden zu folgen, so holprig ist sein Englisch. In Tansania bleiben Menschen mit Einschränkungen meist unerkannt, weil sie die Angehörigen aus Scham zu Hause verstecken. So müssen die Diakonieverantwortlichen aktiv in den Gemeinden Besuche machen, um solche Menschen zu finden, ihre Bedürfnisse zu klären und ihnen eine Perspektive (Ausbildung und Arbeit = Einkommen) zu geben. Danach sind wir etwas peinlich gerührt, denn uns werden solche Menschen regelrecht vorgeführt (eine sehbehinderte, eine hörbehinderte Frau, eine Witwe und vor allem ein etwa 8jähriges Kind, wahrscheinlich mit einer Cerebral-Lähmung. Die Frauen finden Arbeit und Auskommen in Projekten der Diakonie und produzieren Waren und Kunsthandwerk (Erdnussbutter, verschiedene Teesorten, Gewürzmischungen, Körbe, Teppiche), die uns zum Kauf angeboten werden. Leider war es wegen der Sprachbarriere nicht möglich, direkt mit diesen Menschen zu sprechen.

Stolze Massai-Frauen präsentieren ihre Vorzeige-Gemüsegärten und die Baumschösslinge

24. Oktober 2024 - von Beat Vonlanthen

Die Schweizer Delegation von Mission 21 und der Stiftung Solidarität mit der Welt hat heute an ihrem dritten Tag in der Region um Mbeya, im Süden Tansanias, nach einer langen Busfahrt und nach dem Besuch eines traditionellen Viehmarktes in Utengule, im Dorf Matepete ein wunderbares Projekt präsentiert erhalten.

Es handelt sich um ein von Mission 21 unterstütztes und von der Stiftung Solidarität mit der Welt mitfinanziertes Projekt, welches das Ziel hat, in der Gemeinschaft der Massai die Wertschätzung gegenüber den Frauen zu verbessern, ihre Selbstsicherheit und das Selbstvertrauen zu stärken, zur Weiterbildung beizutragen sowie generell die Lebenssituation der gesamten dort lebenden Bevölkerung zu verbessern.

Begegnung mit der Massai-Gemeinschaft

Seit Mai dieses Jahres pflanzen 40 Massaifrauen aus der gleichen Gemeinschaft, in zwei Gruppen unterteilt, auf einem eingezäunten Grundstück verschiedenste Gemüse wie Chinakohl, Bohnen, Spinat etc. Das Bewässerungssystem mit einem Wassereservoir und einer solarbetriebenen Wasserpumpe kann von den Frauen gegen eine kleine Entschädigung mitbenutzt werden. Damit kann das Gemüse auch in der Trockenperiode wachsen und für die Gemeinschaft geerntet oder auf dem Markt, in Schulen bzw. an die Moravian Mission Church verkauft werden.

Zudem werden Baumsetzlinge von fünf verschiedenen Baumarten, die sich besonders gut für  die trockene Gegend eignen, wie z.B. Moringabäume oder Akazien, gezogen. Zur Regenzeit, das heisst ab Januar nächsten Jahres, werden diese Setzlinge dann in der Umgebung eingepflanzt werden können.

Es ist eindrücklich zu sehen, mit welchem Enthusiasmus die Frauen ans Werk gehen und das Projekt realisieren, das heisst: ihr Gemüse hegen und pflegen. Jeden Morgen und jeden Abend sind sie im Garten, um zu bewässern, zu ernten, die Erde zu lockern oder zu jäten. Der Stolz und die Freude in ihren Augen bringt zum Ausdruck, dass dieses Projekt unbeschreiblich viel zur Verbesserung der Lebenssituation der gesamten Gemeinschaft beiträgt und zudem das Selbstbewusstsein der Frauen stärkt.

Die Begegnung mit der Massai-Gemeinschaft von Matepete war von Freundschaft und gegenseitiger Anerkennung geprägt. Sie hat aufgezeigt, wie froh die dort lebenden Menschen über die Ermöglichung des Projekts durch zielgerichtet eingesetzte Schweizer Gelder sind. Mit wundervollen Tanz- und Gesangsaufführungen sowohl der Frauen als auch der Krieger-Männer wurde den Gästen auch mit dem Schlachten einer Ziege gedankt.

Dry, dry, dry!

24. Oktober 2023 - von Dagmar Bujack

Drei Stunden Fahrt durch endlose Savanne und Sandpiste in die Massai Region im Südosten Tansanias, Utengule.

Auf dem Weg

Maisfelder, abgeerntete, ausgetrocknete Reisfelder. Der Klimawandel macht sich bemerkbar. Es regnet weniger, viel zu spät; so, dass Reispflanzen eingehen. Wenn es regnet, dann schwemmt der Starkregen auf den ausgetrockneten Böden alles weg.

Dem Reisanbau fallen die Bäume zum Opfer. Aber auch wegen des Holzes, das bis heute zum Kochen benötigt wird. Der Reis wird exportiert ins Ausland. Die Farmer gehen aus diesen Gründen immer mehr dazu über, stattdessen Mais anzubauen.

Eindrücklich die braunen kleinen Lehmziegelhäuser und Brennöfen, die in den Siedlungen am Rand der Strasse das Landschaftsbild prägen.

Der Maasai Markt bei Utengule Usangu bringt die Menschen der umliegenden Dörfer zusammen. Die Menschen legen grosse Strecken zurück, um zu diesem Markt zu gelangen. Das Zentrum ist der Viehmarkt – die Maasai sind in der Seele Hirten. Tiere werden dann bis nach Mbeya transportiert (zB. zum Metzger). Beim Verkauf von Vieh ist das Handeln und Verkaufen der Kühe reine Männersache! Melken dürfen hinterher die Frauen. Medikamente für die Tiere können auch gleich gekauft werden.

Auch alles, was ein Haushalt braucht, findet sich auf dem Markt. Vom Vieh bis zu Solar Panels. Bunte Kangastoffe leuchten uns entgegen und verführen die eine oder andere zum Kauf.

Ein fein zubereiteter Mittagslunch von Amelia in einem kleinen Marktflecken, wo Masais einkaufen, rundet den Morgen ab. 

Rungwe Mission, Pamoja Tunaweza Ladies Project und Avocado-Plantagen

23 Oktober 2023 von Christina Brüll-Beck

Wir machen uns auf den Weg zur Rungwe Mission. Vorbei an der fruchtbaren Landschaft mit vielen Bananenstauden und akkurat geschnittenen Teefeldern rumpeln wir in unseren beiden Bussen die abenteuerliche Strasse den Hügel hinauf (anders gesagt: wir geniessen eine afrikanische Massage).

Nach einem freundlichen Empfang durch den General Secretary Rev. Stephen A. Mwaipopo und weiteren Männern der Kirchenleitung erhalten wir einen Einblick in die Geschichte der Moravian Church/Herrnhuter Brüdergemeine. Aber zunächst besichtigen wir das Archiv, ein Raum voller Regale mit einigen Ordnern, vielen Pappmappen und unzähligen Stapeln von losen Blättern. Ich frage mich, wie Archivarin Susanna hier den Durchblick behält.

Blick in die Geschichte

1891 kamen die ersten Herrnhuter Missionare aus Deutschland nach Rungwe. Die Dorfältesten erlaubten ihnen, sich im Grasland am Rande des Dorfes einen Platz zu suchen. Als sie unter einem grossen Baum eine Wasserquelle entdeckten, hatten sie ihn gefunden. Unter der Führung von Theodor Meyer begannen die Brüder mit ihrer Arbeit. 6 Jahre später konnten sie die erste Taufe feiern. Frau Numwagile, die für eine medizinische Behandlung gekommen war. Langsam wuchs die Gemeinde. Hinzu kamen viele Menschen, die kurz vor dem Verkauf in die Sklaverei befreit worden waren. Da viele von ihnen gar nicht sagen konnten, wo ihre Heimat war, schickte man sie nach Rungwe, wo sich die Herrnhuter um sie kümmerten. Heute gehören ca. 1 Million Menschen in Tansania zur Moravian Church.

Frauenprojekt - together we can

Danach spazieren wir an der ursprünglichen Wasserquelle vorbei zum Pamoja Tunaweza (=together we can) Ladies Project. Das Projekt wurde 2009 von Claudia Zeisig von Mission 21 zum Empowerment der Frauen gegründet. Auf ihren eigenen Nähmaschinen fertigen sie zuhause hochwertige Taschen aller Arten, Portemonnaies und Souvenirs aus den traditionellen bunten Stoffen. Seit 2015 ist das Projekt selbständig und trägt sich selber. Da der Qualitätsanspruch sehr hoch ist, sind nur 9 Frauen dabei. Verkauft werden die Produkte im eigenen Shop und auf Märkten und Basaren. Manches wird auch auf Bestellung gefertigt. Der Zugang zu weiteren Märkten ist eine ständige Herausforderung. Für die Frauen ist es trotzdem ein wichtiger Schritt zu Anerkennung und wirtschaftlicher Selbständigkeit.
Das feine Mittagessen danach hat Lilian gekocht. Sie ist Pfarrfrau, Pfarrerin, leitet ein diakonisches Projekt im HIV-Bereich und kocht wunderbar. Es lebe die Vielfältigkeit der Frauen!

Weiter zur Avocado-Farm

Nach ein wenig Pause geht es weiter zur Avocado-Farm, deren Mitbesitzerin die Moravian Church ist. Der Projektkoordinator Ing. Edger Teacher, Advokat Noel Kabuje und der Kommunikationsbeauftragte Gwamaka Jongo zeigen und erklären uns den Anbau.

Auf insgesamt 400 Hektar werden seit 2009 Avocado-Bäume gepflanzt. Nach zwei Jahren tragen die Bäume die ersten Früchte. Das Klima in der Bergregion ist äusserst geeignet. Durch die langen Regenzeiten muss nur bei der Anpflanzung gegossen werden, ansonsten ist genügend Wasser vorhanden. Der Anbau erfolgt biologisch, da keine Pestizide oder künstlichen Düngemittel verwendet werden. Der optimale Abstand zwischen den Bäumen beträgt 8 Meter, damit sie sich gegenseitig keine Sonne wegnehmen. Dazwischen wird Mais und Gras für die Kühe angepflanzt.

Die Avocados werden vorwiegend für den Export nach Europa, den Mittleren Osten und Asien produziert. Mit Lastwagen werden die Früchte nach Dar es Salaam oder Mombasa gebracht und dann verschifft. Diejenigen Avocado, die nicht den gewünschten Grössen entsprechen oder z.B. durch eine Verletzung braune Stellen haben, werden in der eigenen Fabrik zu Öl verarbeitet.

Das Projekt beschäftigt ca. 400 Mitarbeitende, von denen einige nur in der Hochsaison beschäftigt werden. Für das Dorf Rungwe mit seinen ca. 5000 Einwohner:innen ist es ein wichtiger und ausserdem der einzig grosse Arbeitgeber.

Von Mbeya zur Moravian Church in Rungwe

22. Oktober 2023 - von Karin Spiess

Nach dem Frühstück um 6 Uhr sind wir in zwei Cars unterwegs durch immer grüner werdende Landschaften in Richtung Rungwe (zweieinhalb Autostunden stündlich von Mbeya). Entlang der Strasse haben wir Einblicke in den afrikanischen Alltag. In Mbeya und in den Dörfern können wir auch sonntags lebhafte Geschäftigkeit beobachten - viele kleine Läden, Märkte, Menschen, die auf Busse warten, buntes Treiben. Bananenkulturen werden häufig, wir sehen erste Avocadopflanzungen.

Pünktlich um 9 Uhr kommen wir bei der Moravian Church in Rungwe an. Sie ist wurde bereits 1891 von zwei Deutschen und einem Schweizer gegründet (Herrnhuter Brüdergemeine) und ist das Stammhaus der Moravian Church in Tansania. Die leitenden Pastoren empfangen uns mit grosser Herzlichkeit. Nach einem zweiten Frühstück und erstem Kennenlernen nehmen wir in der grossen Kirche am Gottesdienst teil. Uns beeindrucken die vielen Tanz- und Chorbeiträge von unterschiedlich zusammengesetzten Chören - von Bibi (Grossmutter) bis zum Kindergärtler sind alle Altersgruppen integriert. Von klein auf sind die Menschen im Gottesdienst dabei und können mit Gesang und Bewegung ihrer Freude Ausdruck geben, die christliche Botschaft kennenlernen und vertiefen, und Teil einer grösseren Gemeinschaft sein.
Drei Pastoren und Lektorinnen bestreiten den geistlichen Teil. Die Predigt basiert auf Matthäus 22,15-22. „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ Die Gläubigen werden aufgerufen, mit Freude ihre Steuern zu bezahlen und mit Freude zu spenden, was ihnen möglich ist! So wird dann auch die Kollekte ganz anders zelebriert als bei uns. Zu Gesang und Tanz werden die Gaben eingelegt als ein wichtiger Teil des Gottesdienstes. Viele Naturalspenden (Früchte, Gemüse, lebendige Hühner und sogar ein weisser Hase) werden versteigert und der Erlös ergänzt den Kollektentopf.

Nach diesen eindrücklichen zweieinhalb Stunden gibt es für die Pastoren und uns ein feines Essen, das wir im Garten des Gemeindehauses geniessen können.

Am Nachmittag stellen wir uns in einer grossen Runde einander vor und besprechen das Programm der Woche mit Adrienne Sweetman, der Koordinatorin von Mission 21 in Tansania und Amelia Korda, die die Reiseinfrastruktur organisiert.

Am Reisetag ein Afrika der Gegensätze

21./22. Oktober 2023 - von Jacques-Antoine von Allmen

Um in die Südwestregion von Tansania zu gelangen, fliegen wir über Amsterdam nach Dar-es-Salaam. Danach müssen wir noch einen einstündigen Inlandflug bis Mbeya nehmen. Auf diesen Abendflug müssen wir den ganzen Samstag 21. Oktober warten. Warum also diese Wartezeit nicht möglichst angenehm gestalten? Wir reisen an die Küste und schiffen uns ein zu einer kleinen Insel vor der Küste. Sie besteht aus einem alten Korallenriff, der Strand lädt zum Schnorcheln ein. Es grüsst uns der Baobab, der Baum Afrikas. Hier gewöhnen wir uns an das feuchtwarme Klima: 30° bei 90% Luftfeuchtigkeit.

Unser Guide erzählt uns aus seinem Leben und aus einem Aspekt der tansanischen Gesellschaft, der nicht im Zentrum unseres Programms steht: Die Bedeutung der Armee. Seine Verlobte absolviert ihren Vertrag als Zeitsoldatin. Das sind sieben Jahre. Hier lernen die Soldat:innen nicht nur kämpfen, sondern auch ganz praktische Dinge, die sie im Leben danach nutzen können, wie die Bestellung der Felder und handwerkliche Grundfertigkeiten. Darüber hinaus ist die Armee ein nationaler Kitt, der die Menschen verschiedener Ethnien unter dem Banner vereinigt.

Auf dem Weg zum Flughafen merken wir wieder, dass Afrika nicht nur touristische Bilder liefert, wie diese Marktszene beweist: lebendig verkauft bleiben die Hühner bis zum Verzehr frisch. 

Am Sonntag bereichern wir den Gottesdienst mit Alphornklängen. Diese Missionsstation, gegründet 1891, hat solche Klänge bisher kaum gehört. Aber dazu mehr im nächsten Blogbeitrag.