Bildungkirche: In der Öffentlichkeit ist Spiritualität aus asiatischen Traditionen präsent. Wie kann die Kirche christliche Traditionen der Spiritualität wieder zugänglich machen?

Noa Zenger: Indem Fach- und Pfarrpersonen den Lehrgang CAS Spiritualität machen und anwenden, was sie lernen (lacht). Also im Ernst: Genau mit diesem Anliegen forschen wir im Lehrgang miteinander, greifen auf bewährte traditionelle Formen zurück, reflektieren, suchen nach neuen Zugängen. Es geht z.B. um Formen des Betens in grösst möglicher Weite. Ich bin überzeugt, dass einzig authentisch gelebte Spiritualität eine Ausstrahlung hat und Menschen über die Kirchenschwelle hinaus anspricht.

 

Zu was befähigt mich der Studiengang? Oder bezweckt der Studiengang vor allem die spirituelle Bildung der Teilnehmenden?

Patrick Schwarzenbach: Ein wichtiges Ziel des Studiengangs ist das (Wieder)finden einer eigenen spirituellen Praxis, die sich gut im Alltag pflegen lässt. Dabei soll auch die vertiefte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Spiritualität und ihren Spielformen in der christlichen und reformierten Tradition helfen. Denn das theologische und historische Wissen über Spiritualität unterstützt ein persönliches Zurechtfinden in ihr. Der Studiengang befähigt die Teilnehmenden neben dem Praktizieren und Anleiten von spirituellen Wegen, wie der lectio divina, der Kontemplation oder verschiedenen Formen des Gebets, aber auch darin, einen spirituellen Weg im Kontext einer Gemeinde oder Arbeitssituation strukturell zu verankern – für sich und mit anderen. 

 

Am Studiengang nehmen nicht nur Pfarrerinnen und Pfarrer teil. Für wen empfehlt ihr die Teilnahme?

Noa Zenger: Zum einen anderen kirchlichen Mitarbeitenden und weiter Fachpersonen etwa aus Psychologie, Therapie, Pädagogik, Transformationsarbeit. 

 

Der Studiengang ist aufgebaut nach den vier Schritten der Lectio Divina. Wie muss man sich den Aufbau vorstellen?

Patrick Schwarzenbach: In jedem Modul vertiefen wir, häufig mit spannenden Gästen, einen Schritt der Lectio Divina und gruppieren um diesen die theoretischen, historischen und theologischen Überlegungen. So werden wir zum Beispiel mit dem ‘Lesen’ in seiner ganz weiten Form beginnen und dazu neben verschiedenen Formen der Vertiefung in die Heilige Schrift und dem Lesen in der eigenen Biographie auch einen Exerzitien-Tag in der Natur durchführen, um das Göttliche im Buch der Natur besser zu verstehen. Fragen wie «Wodurch wirkt die Schrift beim Lesen?» «Wie wird etwas zu einem heiligen Text?» oder «Ist der vierfache Schriftsinn heute noch relevant?» könnten sich dann daraus ergeben. So werden wir uns gemeinsam auf der Basis der Praxis zu historischen Zusammenhängen und theologischen Hintergründen austauschen und die aktuelle Relevanz des Themas ausloten. In dieser Art werden ‘Meditatio’ (Versenkung), ‘Oratio’ (Gebet) und ‘Contemplatio’ (Schau) leitend sein.

 

Zum CAS gehört eine Projektarbeit. Gebt bitte ein Beispiel, wie diese aussehen könnte.

Patrick Schwarzenbach: Diese Arbeit kann ganz unterschiedliche Ausprägungen haben. Grob gesagt geht es darum, am momentanen Wirkungsort, sei dies nun in einer Gemeinde, am Berufsort oder einer Gruppe von Menschen eine spirituelle Praxis zu vertiefen und darüber zu reflektieren. Dies kann eine meditative Feier mit Musik sein, bei der die Schreiberin sich über die Musikgestaltung der Feier Gedanken macht und dabei den Stellenwert und die Wirkung von Musik auf spirituellen Wegen bedenkt, oder es kann der Versuch sein, eine Karte der spirituellen Wege zu zeichnen, damit sich Konfirmand:innen darauf spielerisch verorten können. Wichtig ist die Idee, die Beschreibung ihrer Durchführung und die Reflexion darüber, warum welche Entscheide getroffen wurden.

 

Was bedeutet für euch Spiritualität?

Patrick Schwarzenbach: Für mich ist Spiritualität häufig ein Ankommen bei mir – in meinem Körper, meinem Atem und meinem ruhigen Kern und in seltenen, heiligen Momenten, ein Hindurchrutschen durch diesen.

Noa Zenger: Spiritualität bedeutet für mich geistdurchwirktes Leben. Sämtliche Bereiche des Lebens sind hier angesprochen. Es ist ein durchlässig werden und transparent leben auf eine tiefere Wirklichkeit hin. Als Christin öffne ich mich insbesondere der Atmosphäre des Auferstandenen.

 

Studienleitung CAS Spiritualität

Noa Zenger (47) ist Pfarrerin, geistliche Begleiterin und Studienleiterin im Lassalle-Haus und ist dort verantwortlich für die Bereiche Fasten und Kontemplation. Patrick Schwarzenbach ist Pfarrer an der Offenen Kirche St. Jakob Zürich

 

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